Der deutsche Dokumentarfilmer Peter Nestler feiert im Juni seinen 80. Geburtstag. Wir zeigen seinen Film /Zigeuner sein/, der seiner Zeit weit voraus war. Nestler, geboren 1937 in Freiburg, emigrierte 1968 aufgrund der verheerenden Auftragslage in Deutschland nach Schweden, in das Land seiner Mutter. Er ist ein Kind jener Generation, die nicht damit einverstanden war, mit welcher Selbstverständlichkeit nationalsozialistisches Gedankengut weiter existieren durfte.
In ihrer Sprache heißt Roma Menschen. Der Film lässt diese Menschen davon sprechen, wie sie verhaftet und in Lager und Gefängnisse gesteckt werden, dass 90 Prozent ihrer Familien in den Lagern ›bleiben‹. Sie sprechen mitburgenländischem, bayrischem, sächsischem Akzent; sie leben in trostlosen
Baracken an den Stadträndern zu zehnt in einem Zimmer mit feuchten Wänden. Im Winter sind die Kinder ständig krank. Peter Nestler fügt mit seiner dunklen schweren Stimme die weiteren Fakten hinzu. Auch ein Lagerangestellter kommt zu Wort, der schildert, dass das ›Zigeunerlager‹ in Birkenau ihm, obwohl schon mit einer »Hornhaut« versehen, doch die Sprache verschlug. Und am Ende fasst eine kluge Frau das ganze Unrecht, das diesen Menschen widerfahren ist, präzise zusammen. Nein, sie haben sich in 600 Jahren nicht nicht assimiliert, sondern man hat sie sich nicht assimilieren lassen. Und zwar bis in die Gegenwart. Peter Nestler verwässert das weder sprachlich noch filmisch. Dieser Meilenstein des Dokumentarfilms bezeugt zum ersten Mal und in direkter Sprache die Verfolgung der Sinti und Roma am Beispiel Deutschland und Österreich.
»Die deutschen Fernsehanstalten haben sich nicht richtig getraut, ihn zu senden (außer hier in Schweden Anfang der 70-er Jahre bei SVT).« Peter Nestler
_ Schweden 1970 / Regie: Peter Nestler / 47 Min. //
Mi 28.06., 19:30 Uhr koki-freiburg.de