Noch immer läuft das Verfahren für eine Wiedereinreise von Frau Ametovic und ihre Kinder vor dem Petitionsausschuss des Bundestages. Bislang hat das Bundesinnenministerium keine Stellungnahme zu dem 104 Seiten umfassenden Bericht des Freiburger Forums aktiv gegen Ausgrenzung an den Petitionsausschuss abgegeben.
Im Juli 2016 wurde Frau Ametovic und deren Kindern erneut von Freiburger UnterstützerInnen besucht. Die Lebensbedingungen für sie und die Kinder haben sich in mehrfacher Hinsicht verschlechtert. Darüber berichtet ein zwölf Seiten umfassender Bericht erneut an den Petitionsausschuss, mit der Aufforderung, dass der Ausschuss sich dafür einsetzen soll, dass die etwa 7.200 € Abschiebekosten für die sechs Kinder und für Frau Ametovic erlassen werden.
Unterkunft in Crvena Zvezda
In Crvena Zvezda in Nis leben derzeit nach übereinstimmenden Angaben von Bewohner und Bewohnerinnen etwa 100 Familien. Die Gesamtzahl der Menschen wird auf 400 bis 500 Menschen geschätzt. In einer Wohnung leben in der Regel 7-8 Personen auf etwa 50 m². Genaue Zahlen liegen nicht vor. Ursprünglich lebten in dem Elendsviertel von Nis 30 Familien. Nur wenige haben Papiere mit denen die Eigentumsverhältnisse geklärt werden können. Bis auf einige Kerngebäude, die von der alten Backstein und Ziegelei-Fabrik stammen, wurde die Mehrheit der Gebäude irregulär gebaut. Das Elendsviertel Crvena Zvezda befindet sich auf dem Grundstück einer ehemaligen Backstein- und Ziegeleifabrik, die laut Radio Televizja Srbije, Živeti u Crvenoj Zvezdi vom 20. März 2012 einem US-amerikanischen Investmentfonds gehört.
Übereinstimmend berichten Bewohner des Viertels, dass ihnen die Opstina, die lokale Verwaltungseinheit in Nis, mitgeteilt hat, dass das Gebiet um Crvena Zvezda neu bebaut werden soll. In den nächsten 12 bis 24 Monate sollen sie das Viertel verlassen. Einen genauen Termin kennt niemand. Wie akut die konkreten Planungen des Investmentfonds und der Stadt Nis sind, ist ebenfalls nicht bekannt.
Wohin die Menschen gehen sollen ist ebenfalls unklar. Es herrscht große Unsicherheit. Dennoch wird von den Bewohnern weiter gebaut, irregulär.
Die „lažni azilanti“ was in etwa „scheinheilige, falsche Asylbewerber“ bedeutet, so die serbische Presse, kommen zurück aus Europa und bauen mit ihrem Ersparten einen kleinen Schutzraum um im Winter ein geschütztes Dach zu haben. In der Regel sind es kleine Zimmer von 9 bis 20 qm.
In den Räumen leben bis zu 8 Personen. Da kaum jemand Arbeit findet, leben die meisten vom Müllsammeln. Selbst der lebenswichtige Strom kann oft nicht bezahlt werden. Im Sommer 2014 wurde vom Elektrizitätswerk der Strom für einige Monate abgeschaltet. Es kam zu Protesten und Straßenblockaden. Seit diesem Zeitraum gibt es eine Vereinbarung der Bewohner mit der Stadt Nis und dem Elektrizitätswerk. Insgesamt zahlt das Viertel 110.000 serbische Dinar im Monat, das sind umgerechnet 1000 €. Im Viertel wird monatlich das Geld gesammelt. Wer kein Geld hat, zahlt nichts, wer etwas mehr hat, entsprechend mehr.
Das Viertel von Nis grenzt die Menschen, die Roma, im öffentlichen Raum sichtbar aus. Viele der Bewohner leben derzeit nicht in Nis. Sie sind unterwegs, überall in Europa. Dort wo es ein bisschen besser ist und wo niemand hungern muss. Die Berichterstattung über die „lažni azilanti“ in der Presse verstärkt das Bild, dass die Roma selbst Schuld an ihrer Lage sind. Entsprechend unterlegt die Presse ihre Berichte mit entsprechenden stereotypen Roma-Bildern aus den „unhygienischen Siedlungen“. Crvena Zvezda ist eines der schlimmsten Elendsviertel von Nis.
In der drittgrößten Stadt Serbiens leben etwa 30.000 Roma-Angehörige. Mitten in Crvena Zvezda lebt Frau Ametovic und ihre sechs kleinen Kinder als die Ärmsten unter den Armen.