Amtsgericht:‭ ‬Städtische Verfügungen‭ „‬eindeutig rechtswidrig‭“

Pressemitteilung,‭ ‬16.‭ ‬Juni‭ ‬2015

Das Amtsgericht Freiburg bestätigt die Kritik an Maßnahmen der Stadt Freiburg gegen Personen,‭ ‬die an den Recyclinghöfen gebettelt haben sollen.

In den letzten Jahren hat das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Freiburg mehrere gleichlautende Verfügungen gegen Flüchtlinge erlassen,‭ ‬mit denen ihnen der Aufenthalt vor den Recyclinghöfen in Freiburg untersagt wurde.‭ ‬Darauf folgten Zwangsgeldfestsetzungen und Bußgeldverfahren in mehreren Fällen.‭1 ‬Das Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung hat diese Verfügungen wiederholt kritisiert und dabei auch auf die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen hingewiesen.‭2 ‬Diese Kritik wurde gestern vom Amtsgericht bestätigt.

In dem Verfahren ging es um einen Rom,‭ ‬der in einem Freiburger Flüchtlingswohnheim wohnt.‭ ‬Mit Verfügung vom‭ ‬27.‭ ‬November‭ ‬2012‭ ‬wurde ihm für einen Zeitraum von zwei Jahren untersagt,‭ ‬sich vor den Recyclinghöfen in Freiburg aufzuhalten.‭ ‬Nachdem der Betroffene im Sommer 2014 auf dem Rückweg vom Einkaufen in der Nähe eines Recyclinghofes angetroffen wurde,‭ ‬erhielt er einen Bußgeldbescheid,‭ ‬gegen den er‭ ‬– anders als viele andere Flüchtlinge‭ ‬– Einspruch einlegte.

In der gestrigen Verhandlung am Amtsgericht Freiburg erklärte der zuständige Richter,‭ ‬dass das Aufenthaltsverbot‭ ‬– so wörtlich‭ ‬–‭ „‬eindeutig rechtswidrig‭“‬ sei,‭ ‬und stellte das Verfahren ein.‭ ‬Der Gesetzgeber habe sich dafür entschieden,‭ ‬dass für eine einschneidende Maßnahme wie dem Aufenthaltsverbot strenge Voraussetzungen gelten:‭ ‬So dürfe ein Aufenthaltsverbot nach‭ §‬ 27a Polizeigesetz nur zur Abwehr von Straftaten und auch nur für maximal drei Monate erteilt werden.‭ ‬Die Stadt Freiburg hatte die Verfügungen auf angebliche Ordnungswidrigkeiten gestützt und für zwei Jahre erlassen.‭ ‬Dem Amt für öffentliche Ordnung,‭ ‬das mit einer Vertreterin in der Verhandlung anwesend war und die Verfügungen verteidigte,‭ ‬konnte das Gericht nicht folgen.

Das Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung sieht sich in seiner Kritik bestätigt.‭ „‬Es zeigt sich,‭ ‬dass die‭ ‬Maßnahmen der Stadt nicht nur schikanös,‭ ‬sondern auch rechtswidrig sind.‭ ‬Wir gehen davon aus,‭ ‬dass das Amt für öffentliche Ordnung‭ ‬diese Form des‭ ‚‬Kampfes gegen die Armen‭‘ ‬sofort einstellt und keine weiteren Verfügungen erlässt‭“‬,‭ ‬erklärt David Werdermann,‭ ‬der den Prozess begleitet hat.

 

1 ‬Laut Antwort des Bürgermeisteramtes auf Anfrage der Unabhängigen Listen ergingen allein im Jahr‭ ‬2013‭ ‬zwölf Verfügungen und darauf gestützt vier Zwangsgeldbescheide in Höhe von je‭ ‬300‭ ‬Euro.‭ ‬Darüber hinaus wurden Bußgelder verhängt.
2 ‬Siehe Brief vom‭ ‬20.‭ ‬November‭ ‬2013‭ ‬und Brief vom‭ ‬30.‭ ‬September‭ ‬2014.

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