Presseerklärung von PRO ASYL, 03.07.2014
Die Regierungskoalition peitscht den Gesetzentwurf zu „sicheren Herkunftsstaaten“ im Schnellverfahren durch. Heute ab 17:15 Uhr soll der Bundestag die Asylrechtsverschärfung beschließen.
Noch vorgestern stand der Gesetzentwurf zur Bestimmung weiterer „sicherer Herkunftsstaaten“ nicht auf der Tagesordnung des Bundestages. Doch dann fiel der Regierungskoalition offenbar ein, dass die Konzentration der öffentlichen Aufmerksamkeit auf die Fußball-Weltmeisterschaft eine blendende Gelegenheit ist, den Ausschluss von Westbalkan-Flüchtlingen von einem fairen Asylverfahren im Schnellverfahren durchzupeitschen.
Die Regierungskoalition beantragte am Dienstag kurzfristig gegen 16 Uhr eine Sondersitzung des Innenausschusses zur Beratung der beiden Gesetzentwürfe für denselben Tag um 18 Uhr. Nur dies ermöglichte es, die Fristen für die Terminierung des Themas im Bundestag am Donnerstag noch wahren zu können.
Heute ab 17.15 Uhr wird die Bundestagsmehrheit das Gesetz wohl beschließen. Mit diesem Vorgehen soll ein verfassungsrechtlich höchst umstrittener Gesetzentwurf, der von vielen Expertinnen und Experten vor kurzem in einer Anhörung scharf kritisiert wurde, nun im Hauruckverfahren noch vor der Sommerpause beschlossen und dem Bundesrat zugeleitet werden.
PRO ASYL übt scharfe Kritik an dem Gesetzesvorhaben. Minderheiten, wie Homosexuelle und Roma, werden in den Balkanstaaten extrem diskriminiert. Die drei Staaten schützen sie nicht vor Übergriffen und es gibt schwerwiegende Mängel im Justizsystem. Ausgrenzung und Diskriminierung von Roma in den Balkanstaaten haben zudem eine derartige Dimension, dass sie existenz- und lebensgefährdend sein können. Ein aktuelles Gutachten von PRO ASYL zu Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina, zeigt das Ausmaß der menschenrechtlichen Defizite in den Balkanstaaten.
Mit dem Gesetz wird die Tür zum Ausschluss weiterer Gruppen von einem fairen Asylverfahren weit aufgestoßen werden. Wie bei den Westbalkanstaaten könnte bei hohen Asylbewerberzahlen aus anderen Ländern zunächst für niedrige Anerkennungsquoten gesorgt werden, um in der Folge zu erklären, dass das Herkunftsland offenbar sicher sei und eine faire Einzelfallprüfung somit gar nicht mehr nötig ist. Die Liste der sicheren Herkunftsländer würde länger.
PRO ASYL fordert die Parlamentarier und den Bundesrat auf, den Gesetzentwurf zu stoppen. Individuelle Asylverfahren dürfen nicht durch pauschale Einstufungen von Staaten als „sicher“ ersetzt werden.