Zur Berichterstattung der Badischen Zeitung bezüglich unbegleiteter Flüchtlinge
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit Wochen reißen die Berichterstattungen der Badischen Zeitung hinsichtlich der unbegleiteten Flüchtlinge nicht ab. Die BZ kommt so unschuldig daher und echauffiert sich darüber, dass sie – wie Sie sich selbst in einer Kommentarspalte äußern – als „Brandstifter verunglimpft“ wird. Entschuldigen Sie, liebe Medienvertreter_innen der Badischen Zeitung, aber den Vorwurf des Rassismus müssen Sie sich gefallen lassen: Ungeachtet der Tatsache, dass junge geflüchtete Menschen aus Weltregionen mit unterdrückerischen Regimen kommen, die deutsche Regierungen jahrzehntelang hofiert haben, suggeriert Ihre journalistische Schreibweise vorurteilsfreie Information bezüglich der Vorkommnisse in Freiburg. In Wirklichkeit macht „nicht das Benennen eines Problems“ (BZKommentar, 23.05.2014) Schwierigkeiten, sondern die Stigmatisierung junger Flüchtlinge durch Ihre Berichterstattung. In nahezu jedem Ihrer Artikel richtet sich der Fokus auf die kriminelle Energie derjenigen, die keine lebenswerte Perspektive in ihrer Heimat gefunden haben und nun sich von einer privilegierten Gesellschaft im Stich gelassen fühlen. Die Aufzählung und fortwährende Wiederholung der Taten „einiger weniger Krimineller“ (BZKommentar, 23.05.2014) sowie ihre Konstruktion als homogene Gruppe in der Zeitung ist Gift in den Köpfen derer, die sich hierin in ihren Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen bestätigt fühlen, die ihren Ursprung in den seit Jahrzehnten geführten rassistischen Diskurs über geflüchtete Menschen haben.
Die Autorenschaft der BZ reiht sich in eine mediale Tradition ein, die das rassistische aufgeladene Bild des Wirtschaftsflüchtlings reproduziert. Sie haben es bedauerlicherweise versäumt über Hintergründe der komplexen Fluchtmotive wie auch die menschenunwürdige Anerkennungspraxis und damit einhergehend über die hiesige Lebenssituation (junger) geflüchteter Menschen ausführlich zu informieren. Sie stellen Mutmaßungen über diese Menschen an, Sie nehmen sich das Privileg heraus über sie, satt unbegleitete Flüchtling selbst in Ihrer Zeitung sprechen zu lassen, Sie veröffentlichen undifferenziert statistische Zahlen zur gestiegenen Kriminalitätsrate, schreiben von der bedrohten Sicherheit und Ordnung, Sie berichten jedoch marginal über engagierte oder erfolgreiche Arbeiten von Flüchtlingsorganisationen vor Ort oder anderswo, nicht vom Widerstand gegen alltägliche strukturelle Diskriminierungen von nichtweißen Menschen. Zum Problem gehört auch, dass Landes- und Freiburger Behörden zu spät reagiert haben: gestiegene Flüchtlingszahlen waren absehbar und adäquate Infrastrukturen aufzubauen wurden verpasst; die Stadt rühmt sich zwar ihrer „Vielfalt und Toleranz“, von einer Willkommenskultur ist sie dennoch weit entfernt. Als meinungsbildende Zeitung wäre Ihre Aufgabe sich der Tragweite ihrer Verantwortung bewusst zu werden und Ihre Kultur der Berichterstattung kritisch zu hinterfragen.
Eine verantwortliche, diskriminierungsfreie Berichterstattung liest sich anders.
Mit freundlichen Grüßen
Babek Saadati
(RESPEKT e.V.)
31.05.2014