Anlässlich des Artikels „Raubüberfälle in Freiburg: Ermittler fahnden nach Minderjährigen“, der am 19.04.2014 in der Badischen Zeitung erschien, haben wir zusammen mit den anderen rasthaus-Gruppen Aktion Bleiberecht und SAGA einen offenen Brief an die Badische Zeitung geschrieben.
Freiburg, den 22.04.2014
Offener Brief an die Badische Zeitung
Am 19.04.2014 erschien in der Badischen Zeitung der Artikel „Raubüberfälle in Freiburg: Ermittler fahnden nach Minderjährigen“ von Joachim Röderer. Wir finden es schrecklich, dass ein solcher Artikel veröffentlicht wurde.
In dem Artikel werden, wegen der bloßen Vermutung von den polizeilichen Behörden, es könne sich bei den Tätern von einigen Überfallen um minderjährige Flüchtlinge offenbar aus Nordafrika handeln, alle unbegleiteten Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt.
Um es zu verdeutlichen: Es wurden bisher keine Täter ermittelt oder festgenommen, dieser ganze Artikel basiert auf Vermutungen. Trotzdem wird davon ausgegangen, dass unbegleitete Flüchtlinge das Problem sein müssen.
Noch dazu wird in einem Atemzug von einer ‚Tathäufung‘ in Freiburg und dem ‚Anstieg‘ von der Aufnahme unbegleiteter Flüchtlinge gesprochen. Damit wird suggeriert, dass mit einer Anwesenheit von unbegleiteten jungen Flüchtlingen automatisch die Kriminalität steigt. Mit der Bemerkung, es bestünden oft „Zweifel am behaupteten Alter“, wird ebenso suggestiv der gesetzlich verankerte besondere Schutz Minderjähriger als vermeintliches Einfallstor für Betrug diskreditiert.
Diese Schlussfolgerung basiert weder auf realen Tatsachen noch ist sie seriös. Solche unüberlegten Gleichsetzungen/Berichterstattung sprechen vielmehr eine deutlich rassistische Sprache. Und die Effekte solcher Berichterstattung kann mensch in den Kommentaren zu dem Artikel lesen, in denen unverhohlen über Flüchtlinge gehetzt wird.
Wer übernimmt die Verantwortung, wenn dadurch morgen Übergriffe gegenüber Flüchtlingen oder Flüchtlingsunterkünften verübt werden?
Und das ist kein unrealistisches Szenario: Die Amadeu Antonio Stiftung und PRO ASYL zählen einen deutlichen Anstieg von Angriffen gegen Flüchtlingsunterkünfte. Allein in 2014 lassen sich bereits jetzt 21 gewalttätige Angriffe auf Flüchtlinge zählen, darunter zwölf Brandstiftungen sowie sieben tätliche Übergriffe auf Einzelpersonen. Und im letzten Jahr wurden 58 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gezählt – mehr als eine Verdoppelung zum Vorjahr. Darüber ist in der BZ nichts zu lesen!
Zu empfehlen ist die Seite von Pro Asyl, die zu dem Thema dem rassistischen Vorwurf der vermeintlichen Kriminalität von AslylbewerberInnen folgendes sagt:
„Auch wenn es immer wieder behauptet wird: Es gibt keine Hinweise darauf, dass Flüchtlinge öfters straffällig werden als andere Menschen. Auch nicht, dass Menschen nichtdeutscher Herkunft krimineller sind als die Durchschnittsbevölkerung. Gern wird versucht, das Gegenteil mit der Polizeistatistik zu untermauern. Das ist aber irreführend. Denn die Polizeistatistik erfasst Tatverdächtige, nicht TäterInnen. Daraus kann man lediglich schließen, dass „Ausländer“ häufiger unter Verdacht geraten und polizeilich kontrolliert oder angezeigt werden. Beispiel NSU-Morde: Zehn Jahre lang wurden die türkischen oder griechischen Angehörigen der Opfer von der Polizei als mutmaßliche TäterInnen behandelt, während tatsächlich deutsche Rassisten die Täter waren.“ (http://www.proasyl.de/de/home/gemeinsam-gegen- rassismus/fakten-gegen-vorurteile/).
Von der Badischen Zeitung zu erwarten, dass sie sich dieser Thematik von sich aus stellt, ist vermutlich zu viel verlangt. Wir fordern von der BZ dennoch eine vorurteilsfreie und antirassistische Berichterstattung sowie eine Stellungnahme zu diesem Brief.
Die rasthaus-Gruppen Aktion Bleiberecht, Freiburger Forum gegen Ausgrenzung, SAGA
Presse:
- berta | No-Read-Area: Badische Zeitung (05.06.2014)