Offener Brief an die Gemeinderäte der Stadt Freiburg: Übernehmen Sie Verantwortung! Mai 2013

Aktuell droht 170 Menschen die Abschiebung aus Freiburg.

Die Abschiebung dorthin, wo sie von Elend und rassistischer Diskriminierung als Roma geflohen sind. Die Abschiebung in der Nacht, möglichst unbemerkt von der Öffentlichkeit.

Für Abschiebungen aus Freiburg will niemand Verantwortung übernehmen.

  • Auf Flüchtlinge wird Druck ausgeübt, „freiwillig“ auszureisen.
  • Durch rechtlichen Druck, versucht die Ausländerbehörde, Flüchtlinge ins Asylverfahren und damit nach Karlsruhe zu drängen.
  • Die Stadtregierung verweist in der Frage von Abschiebungen auf das Regierungspräsidium.
  • Das RP verweist auf die geltenden Gesetze.
  • Die Landes‐Grünen schieben der Landes‐SPD den schwarzen Peter zu.
  • Ministerpräsident Kretschmann schweigt, Oberbürgermeister Salomon ebenso.
  • Auf eine Anfrage der BZ verweist die Pressestelle der Stadt auf die Zuständigkeit des Gmeinderates (s. BZ , 24.4. 2013)

Wir appellieren an den Gemeinderat, seinen politischen Auftrag ernst zu nehmen.

Denn es gibt politische Handlungsmöglichkeiten und rechtliche Entscheidungsspielräume.

Wir schlagen vor:

  • Der Gemeinderat erklärt öffentlich, dass er die aktuell drohenden Abschiebungen aus Freiburg ablehnt.
  • Der Gemeinderat befasst sich mit dem Vorrang der Kinderrechte (UNKinderrechtskonvention; SGB VIII) gegenüber dem Ausländerecht. Er fasst einen Beschluss, der für die kommunalen Behörden bindend ist. (Informationen dazu auf der Rückseite).
  • Die Bürgermeister nehmen mit der Landesregierung, dem Regierungspräsidium und der Polizei Gespräche auf und bringen deutlich ihre Ablehnungen von Abschiebungen zum Ausdruck.

Es geht um die konkreten Schicksale von Menschen, Frauen, Männern und Kindern, die in Freiburg Zuflucht gefunden haben.

Sie abzuschieben heißt, sie aus ihrer neuen Heimat herauszureisen, sie rassistischer Diskriminierung und sozialer Verelendung auszusetzen.

Wer schweigt, stimmt zu. →

Menschenrechte, Kinderrechte

In der UN‐Kinderrechtskonvention, inzwischen ohne Vorbehalt durch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert, steht geschrieben.

„(1) Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“

(2) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, dem Kind unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten seiner Eltern, seines Vormunds oder anderer für das Kind gesetzlich verantwortlicher Personen den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind; zu diesem Zweck treffen sie alle geeigneten Gesetzgebungs‐ und Verwaltungsmaßnahmen.“

(UN‐Kinderrechtskonvention, Artikel 3)

Es geht hier um Kinder, um alle unter 18‐jährigen, nicht nur um Kinder mit einem deutschen Pass.

Und im KJHG / SGB VIII steht geschrieben:

„(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist, sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.“ (§ 8a)

Sind Abschiebungen ins Elend keine Gefährdung des Kindeswohls?

Aus der UNICEF‐Studie ‚Stilles Leid über die Folgen von Abschiebungen in den Kosovo: „Fast die Hälfte aller Jugendlichen (44,2 Prozent) litt an Depressionen, ein Viertel (25,5 Prozent) berichtete von Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und ein Fünftel (19,1 Prozent) empfand das Leben als nicht lebenswert. Ein Viertel (25,5 Prozent) hatte Selbstmordgedanken (…) Vierzig Prozent der Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren hatten große soziale Probleme, ein Drittel (33 Prozent) zeigte Symptome einer klinischen Depression und 35,2 Prozent litten unter Angstzuständen. (…) Jedes dritte Kind zwischen 6 und 14 (29 Prozent) und jeder dritte Jugendliche (30,4Prozent) in der Befragung litt unter posttraumatischen Belastungsstörungen.)

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

V.i.S.d.P.: Freiburger Forum gegen Ausgrenzung (freiburger.forum@aktionbleiberecht.de)

Nachsatz: Wie würden Sie handeln, wenn ihre Freunde und Verwandte von Abschiebungen bedroht wären?

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