Erfolgreiche Vernissage in Freiburg
Mehr als 100 Personen nahmen gestern am 20. April in Freiburg an der Vernissage der Kunstausstellung zu EU-Außengrenzen – EU-Abschottung teil. Die Ausstellung findet im Ausstellungsraum des Weiguts Dilger in der Urachstr.3 statt. Die Vernissage wurde musikalisch von stings intemporal umrahmt. Katalog zur Ausstellung
Wir möchten uns bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass die Ausstellung EU-Außengrenzen- EU-Abschottung, wie im Katalog dokumentiert, so überhaupt stattfinden kann.
Zuallererst bedanken wir uns bei Andreas Dilger vom Weingut Dilger. Andreas stellt den Ausstellungsraum zur Verfügung und hat sich selbst mit zahlreichen Ratschlägen bei der Vorbereitung eingebracht und unterstützt mit weiterem Engagement die Ausstellung. Ein fettes Dankeschön auch an Silke Charlott Häge, die als Künstlerin von Anfang an mit Rat und Tat Aktion Bleiberecht zur Seite stand. Ohne Silke hätte die Ausstellung nicht diesen Umfang erreicht. Einen großen Dank an alle Künstlerinnen und Künstler, die mit sehr unterschiedlichen Mitteln ihre künstlerischen Positionen zum Thema EU-Außengrenzen und EU-Abschottung zum Ausdruck bringen. Die Teilnahme von mehr als 30 Künstlerinnen und Künstler zeigt, dass in der Kunstszene Annäherungen mit einem politischen brisanten Thema vorhanden sind. Ein weiterer Dank geht an All Included Amsterdam, die die Kunstausstellung inhaltlich bereichern ,indem sie uns ihre Ausstellung über Frontex (”Europe closes our borders”) zur Verfügung stellen. Almut Rembges, Heiner Busch, Angela Furmaniak und den Referent_innen von boats4people danken wir auch für den inhaltlichen Part während der Ausstellung. Stiftung Mitarbeit und PRO ASYL e.V. danken wir für die finanzielle Unterstützung der Ausstellung. Einen Dank an Thomas Ungricht für die Gestaltung des Flyers. Einen ganz besonderen Dank an Ida Mederos Leber für die Gestaltung des Kataloges. Ida hat mit viel Mühe, Geduld und Zeit zahlreiche Informationen und Bilder in den vorliegenden Katalog verarbeitet. Zuletzt noch einen Dank an die Drucker_innen der Druckwerkstatt in Renchen. Damit liegt ein erster Katalog mit künstlerischen Positionen zu EU-Außengrenzen und EU-Abschottung vor.
Hurra! Eine andere Welt ist möglich, wir bedanken uns bei allen , die sich, trotz oft gefühlter Hilflosigkeit, für eine bessere Welt einsetzen! Sei es politisch oder künstlerisch, wie auch immer…
Für Bewegungsfreiheit und ein Leben in Würde für alle!
Aktion Bleiberecht Freiburg
Liebe Künstlerinnen und Künstler,
Liebe Gäste,
In der heutigen Zeit ist die Kunst und Kultur relativ frei. Künstlerinnen und Künstler sind in ihrem künstlerischen Wirken nicht unmittelbar von politischen Zwängen bestimmt. Sie können ein wichtiger Teil einer emanzipatorischen Bewegung sein.
Das heisst, die Kunst sollte und darf nicht allein Kunstwissenschaftler, Museumsleitern, Ausstellungsfachleuten und Kunsthändlern überlassen werden. Wir wünschen, dass Künstlerinnen und Künstler, stärker noch als heute, ihre künstlerischen Positionen zu wichtigen Fragen und Ereignissen des täglichen Lebens in ihren Werken verarbeiten. Die Welt ist im Umbruch und die soziale Frage stellt sich im Kleinen wie im Großen und sie stellt sich überall.
Künstlerische Positionen helfen einem emanzipatorischen Engagement. Mit Kunst kann mehr gesagt werden als nur mit Worten. Die Kunst bietet ein Potetial, eine Vielfalt von verschiedenen Ausdrucksmittel die für die Auseinandersetzung wichtig ist.
Als wir bei Aktion Bleiberecht die Idee zu der heutigen Kunstausstellung „EU-Außengrenzen und EU-Abschottung“ diskutierten, standen plötzlich viele Fragen im Raum.
Was ist Kunst?
Wer soll für die Kunstausstellung angesprochen werden?
Ist nicht jeder ein potentieller Künstler?
Darf man bei einem Thema, das mit viel Leid und dem täglichen Tod verbunden ist, Kunst verkaufen?
Wollen wir eine Auswahl der eingereichten Werke treffen?
Und weiter Fragen mehr.
Nach längeren Diskussionen in der Vorbereitungsphase der Ausstellung, in der sicherlich nicht alle Fragen gänzlich geklärt wurden, ist die heutige Kunstausstellung entstanden. Einige Fragen haben sich im Laufe der Zeit selbst beantwortet. Der Annäherungsprozess einer politischen Gruppe, die den alltäglichen Rassismus zum Thema hat, an die Kunst, wurde letztendlich durch die Vielzahl der Bewerbungen beschleunigt. Wir selbst haben dann in der Ausschreibung deutlich gemacht, dass alle Künstlerinnen und Künstler teilnehmen können, die ihre Arbeiten bis zum Stichtag einreichen. Wir wollten keine Zensur, keine Ausgrenzung, keine Jury.
Wir wollen es dem Publikum überlassen die Kunstwerke zu interpretieren und zu kommentieren, dazu liegt ein „livre d’or“ ein goldenes Buch aus, in der die BesucherInnen ihre Kritik eintragen können.
Was ist der politische Hintergrund der heutigen Kunstausstellung?
Begonnen hat alles 1985 in dem kleinen luxemburgischen Ort Schengen. Dort wurde die Schengener Vereinbarung zur verstärkten Kontrolle der EU- Außengrenzen und eine engere Zusammenarbeit ihrer Polizei- und Justizbehörden vereinbart, ebenso die Einrichtung des Schengener Informationssystems. Der Zentralcomputer dieses Systems steht in Strasbourg.
Mit dem Schengen-Computer werden die Polizeien Europas immer auf den neusten Informationsstand gebracht. Die Schengener Aquis, von keinem Parlament diskutiert und beschlossen, wurde mit dem Amsterdamer Vertrag in den Besitzstand der EU übernommen.
Am 15. Mai 1990 ist Spanien dem Schengen-Abkommen beigetreten. Seit diesem Zeitpunkt gilt die Visumspflicht für die Maghreb-Staaten. Für die meisten Menschen aus Marokko, Algerien und Tunesien bleibt nur noch der illegale Grenzübertritt nach Europa.
Zunächst wurde in Spanien 150 Millionen Euro aus EU-Entwicklungsgelder in die Grenzaufrüstung investiert. Fertiggestellt wurde 2006 das Radar-Überwachungssystem SIVE, mit dem die Küstenregion elektronisch lückenlos überwacht werden soll. In den Enklaven Melilla und Ceuta auf afrikanischem Terrain wurden meterhohe Stacheldrahtzäune mit Wachtürmen nach dem Vorbild der ehemaligen innerdeutschen Grenze errichtet. Seit diesem Zeitpunkt werden immer mehr Leichen an die Strände gespült.
Im Oktober 2005 stürmten hunderte von Migranten und Flüchtlingen gemeinsam die Grenzzäune der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla. Durch den Ansturm auf die Grenzen kamen die Forderung nach Bewegungsfreiheit und gleichen Rechten unmissverständlich an die Öffentlichkeit. Die unmenschlichen, barbarischen Reaktionen, die tödlichen Schüsse und die Massendeportationen in die Wüste spiegelten die Eskalation des Konfliktes und die Krise des europäischen Migrationsregimes wider.
2005 nahm auch Frontex die Arbeit auf. Frontex kommt aus dem französischen, von „frontières exterrieur“ was nicht anderes heißt als Außengrenzen. 2007 wurde beschlossen, dass Frontex u.a. zur Sicherung der Außengrenzen 2,15 Milliarden Euro erhält um die Effizienz der Kontrollen an den Grenzen zu erhöhen.
Während Griechenland letztes Jahr damit begonnen hat einen 120 Kilometer langen, 30 Meter breiten und sieben Meter tiefen Graben zur türkischen Grenze zu bauen, wurde in Marokko der Grenzzaun zu Melilla und Ceuta auf sieben Meter erhöht.
Seit sich die EU-Grenze, mit dem Beitritt Polens, an die Ukraine verlagert hat, stellt die EU Equipment und Knowhow für die Grenzüberwachung und Internierung zur Verfügung. Die Ukraine wurde vertraglich verpflichtet Internierungslager zu errichten. Neue von der EU finanzierte Haftlager sind entstanden, in denen Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten unter Abwesenheit rechtsstaatlicher Verfahren interniert werden.
Wir haben speziell während der Ausstellungstage Referentinnen eingeladen, die das Thema der inneren und äußeren EU-Abschottung behandeln werden, zu der jeder eingeladen ist. Die Termine finden sie im Flyer zur Ausstellung.
Nicht nur auf der repressiven sondern auch auf der emanzipatorischen Seite finden Diskussionen und Aktivitäten statt. Seit 2005 gibt es hinsichtlich der vielen Toten im Mittelmeer – der Schriftsteller Navid Kermani bezeichnet die Straße von Gibraltar als das größte Massengrab Europas – Diskussionen über eine Migration ohne Grenzen statt.
Mehrere Wissenschaftler haben über die UNESCO Aufsätze über eine Migration ohne Grenzen herausgegeben.
Nigel Harris, erinnert daran, dass der moderne industrielle Kapitalismus immer in großem Maßstab Migration hervorgerufen hat. 10 bis 15 Millionen Sklavenarbeiter wurden von Afrika nach Amerika verschleppt. Millionen von Europäern wanderten nach Amerika, Australien, Südafrika, dem damaligen Rhodesien und Kenia aus. Nicht zu vergessen ist die millionenfache Einwanderung in die Kernländer Europas nach Deutschland, Frankreich, Belgien und Großbritannien. Das sind nur wenige Beispiele.
Durch die Globalisierung begann auch die Internationalisierung des Staates und die nationalen Wirtschaften wurden in Bezug auf den Handel, Kapital und Menschen weiter geöffnet.
Das Ausmaß und die Zusammensetzung der Migration werden sich je nach Entwicklung der Weltwirtschaft weiter verändern. Ein Weltarbeitsmarkt wurde und wird geschaffen, der jedoch weder Transparenz noch Regeln kennt. Ein globaler Arbeitsmarkt erfordert einen globalen Austausch, in dem auch soziale und politische Rechte garantiert sein müssen und in dem reale Knappheiten in armen Regionen ausgeglichen werden müssen.
Die hohe Zahl der Migrantinnen und Migranten, die ihre Arbeitskraft heute weltweit anbieten ist ein Hinweis für das immer Größerwerden armer Regionen. Wenn die industriell entwickelten Länder weiterhin die Folgen der kapitalistischen Globalisierung ignorieren. die Migrantinnen und Migranten aussperren, kriminalisieren, mit der Folge einer weltweiten Zunahme irregulärer Beschäftigung, dann werden rechtsextreme, rassistische und populistische Politiker weiter an Boden gewinnen.
Dank der heutigen Kunstausstellung EU-Außengrenzen und EU Abschottung, die nur möglich ist durch die Beiträge der Künstlerinnen und Künstler, ist das Thema vom 20. April bis zum 6. Mai einmal mehr in Freiburg präsent. Wir hoffen, dass die Presse entsprechend berichtet, dass die Ausstellung auch die entsprechende Resonanz findet und dass sie gut besucht ist.
In diesem Sinne freut es uns, dass die Kooperation mit der Kunst gelungen ist, und dafür wollen möchte ich nochmals allen danken die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen haben.
Die Ausstellung ist damit eröffnet!