ein Gefängnis für die Flüchtlinge des Mittelmeeres!
Presseerklärung des Tunesischen Forums für ökonomische und soziale Rechte vom 21.3.12
18. März 2012: 74 Personen, darunter 13 Frauen befinden sich auf einem aus Libyen kommenden Boot in Schwierigkeiten in internationalen Gewässern, etwa 93km von Lampedusa, 98km von der tunesischen Küste und 222km entfernt von Malta. Sie werden von Fischern gerettet, die sofort um Unterstützung bitten. Die malteser und italienischen Behörden verweigern den Schiffbrüchigen die Hilfe und auch die Aufnahme in ihren Häfen.Letztendlich bringt ein tunesisches Militärschiff sie in den Hafen von Sfax. Die maltesischen Behörden behaupten, die Intervention der tunesischen Marine sei aufgrund eines Abkommens zwischen der italienischen und tunesischen Regierung erfolgt.
Die Migrant_innen sind indessen ins Flüchtlingscamp von Choucha gebracht worden, das vom UNHCR an der Grenze zu Libyen betrieben wird.
Diese Tatsachen zur Kenntnis nehmend, halten wir fest: Malta und Italien bleiben bei ihrer Linie, die Verantwortlichkeit für Rettungsmassnahmen in der Strasse von Sizilien zurückzuweisen, ungeachtet der lebensentscheidenden Bedeutung von Seenotrettung für die Schiffbrüchigen. Jene hätten, aus Somalia kommend, in Italien oder Malta unter internationalem Schutz stehen müssen, stattdessen organisieren diese Staaten über gemeinsamem Abkommen die Rückschiebung aus den internationalen Gewässern durch ein tunesisches Militärboot. Und das obwohl der europäische Gerichtshof für Menschenrechte jüngst Italien aufgrund kollektiver Rückschiebungen auf hoher See durch seine Marine der Verletzung der Flüchtlingsrecht schuldig gesprochen hat und obwohl Tunesien derzeit kein Asylsystem implementiert ist.
Wir weisen mit Nachdruck die Unverantwortlichkeit der italienischen, malteser und tunesischen Behörden zurück, die so das Mittelmeer als rechtsfreien Raum inszenieren, indem populistische und Sicherheitsinteressen mehr zählen als Menschenleben. Der Doppeldiskurs von staatlicher Seite vertauscht Seenotrettung und Grenzsicherung miteinander, all dies unter der Obhut des UNHCR der es akzeptiert zum Wachhund eines Camps fürAusländer zu werden im Dienste der tunesischen und europäischen Autoritäten.
Wir fordern als Konsequenz:
– die unmittelbare und unverhandelbare Verantwortungsübernahme für die Rettung und den internationalen Schutz der Boatpeople in der Strasse von Sizilien durch die Staaten der Europäischen Union bei Schiffbruch und Seenot entlang ihrer Küsten.
– Transparenz der europäischen und tunesischen Behörden über ihre Abmachungen und Vereinbarungen, sowie über ihre Zusammenarbeit bei der REttung von boatpeople in der Strasse von Sizilien.
– die Transparenz derselben sowie der internationalen Organisationen wie IOM und UNHCR bezgl. der Gesetze und Migrationsabkommen, die in Tunesien derzeit vorbereitet werden.
– die Befreiung aller ausländischer Privatpersonen, die ohne jede rechtliche Grundlage festgehalten werden, sei es im Camp Choucha oder an anderen Orten der Freiheitsentziehung.
Bewegungsfreiheit für alle!