Ein Bericht des Europarates verurteilt Frankreich für die Sammelabschiebungen von Roma nach Rumänien und Bulgarien.
Im Sommer 2010 hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy der „Kriminalität den Krieg“ erklärt. Im Zuge dessen ließ er Roma-Siedlungen in Frankreich zerstören und die Bewohnerinnen und Bewohner nach Bulgarien und Rumänien abschieben. Die populistische Maßnahme bediente rassistische Stereotype gegen Roma, sie verweigerte den bulgarischen und rumänischen Roma, die schließlich EU-Bürger sind, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer ohnehin derzeit beispiellos diskriminierten Minderheit das Recht auf Freizügigkeit und setzte die Abgeschobenen oft auch unwürdigen Lebensbedingungen aus.
Darüber wurde nun auf Initiative des Ministerkomitees am Donnerstag im Europarat ein Bericht des Ausschusses für Soziale Rechte veröffentlicht, der über die Einhaltung der Europäischen Sozialcharta wacht. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Zwangsräumungen der Roma-Siedlungen und die Zwangsabschiebungen nach Rumänien und Bulgarien insbesondere Artikel E der Charta verletzen, der ein Diskriminierungsverbot enthält, sowie Artikel 31, der Wohnrechte betrifft. Insgesamt wertet der Bericht die Zwangsräumungen und Abschiebungen als „schwere Menschenrechtsverletzung“.
Allein im Jahr 2010 wurden rund 9.500 Roma aus Frankreich abgeschoben – in den ersten drei Monaten dieses Jahres kamen nach Informationen von AFP 4.700 Abgeschobene hinzu. Schon im Sommer 2010 hatte die EU-Kommission und insbesondere die Rechtskommissarin Viviane Reding die französische Abschiebepraxis kritisiert, doch schließlich verzichtete die EU-Kommission darauf, das Vorgehen Frankreichs zu sanktionieren.
Frankreich hatte stets damit argumentiert, die Abschiebungen seien „freiwillig“ erfolgt – de facto wurden die Betroffenen oft vor die Wahl gestellt, entweder sofort ihrer Ausreise zuzustimmen oder der Zerstörung ihres Hab und Guts zuzusehen und danach obdachlos auf der Straße zu sitzen. Der Europarat stellte nun fest, dass von Freiwilligkeit keine Rede sein könne: „Die sogenannte freiwillige Rückkehr waren in Wirklichkeit getarnte Zwangsrückführungen in Form kollektiver Abschiebungen.“
Pro Asyl e.V vom 14.11.2011