Tunesien: Die Situation im Flüchtlingslager Choucha eskaliert

PRO ASL /Presseerklärung /25. Mai 2011

PRO ASYL appeliert an den Bundesinnenminister: Retten Sie die Flüchtlinge aus der ausweglosen Situation im tunesisch-libyschen Grenzgebiet!

Die Lage der rund 4.000 Flüchtlinge, die in der tunesischen Wüste nahe der libyschen Grenze im Lager Choucha festsitzen, wird immer verzweifelter: Bei Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen, dem tunesischen Militär und Anwohnern kamen am Dienstag mindestens zwei Flüchtlinge ums Leben, 30 wurden verletzt. Mitarbeiter des UNHCR und anderer Hilfsorganisationen wurden aus dem Lager evakuiert. Schon am Wochenende waren dort vier Menschen bei einem Brand gestorben, darunter ein Säugling. Seit Wochen mangelt es den Flüchtlingen an Wasser und medizinischer Versorgung. Jetzt droht ihnen Gewalt. Die Flüchtlinge in Choucha fürchten um ihr Leben.

Eine Gruppe von deutschen Menschenrechtsaktivisten, u.a. der Organisation Afrique-Europe-Interact, hat das Lager Choucha vorige Woche mit Unterstützung von PRO ASYL besucht und dort mit zahlreichen Flüchtlingen gesprochen: „Wir können weder vor noch zurück – wir brauchen Hilfe“ – Das ist die Botschaft der Menschen aus Choucha.

Pro Asyl richtet deshalb heute einen dringenden Apell an den Bundesinnenminister, sich auf europäischer Ebene für eine sofortige Aufnahme von Flüchtlingen aus Choucha einzusetzen. Geschäftsführer Günter Burkhardt appelliert: „Herr Minister, setzen Sie ein Zeichen. Retten sie Flüchtlinge aus Choucha. Überzeugen Sie weitere europäische Staaten, dass sich Europa seiner Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht entzieht.“ Der UNHCR hat in den letzten Wochen die EU immer wieder um Aufnahme der 4.000 Flüchtlinge gebeten. Die USA und die EU stellen bislang nur 800 Plätze zur Verfügung. Die Bundesregierung hat bislang auf die dringenden Bitten nicht reagiert.

Zurück in ihre Herkunftsländer können die Flüchtlinge im Lager Choucha nicht: Wer dort gestrandet ist, floh einst aus dem Sudan, aus Somalia, aus Eritrea, der Elfenbeinküste und anderen afrikanischen Ländern. Viele von ihnen sind vom UNHCR als Flüchtlinge anerkannt.

In Choucha sitzen auch die Flüchtlinge Kabbadi Dadi, Mohamed Ibrahim und Elias Kadi fest, die eine grauenhafte Flüchtlingstragödie auf dem Mittelmeer überlebten, über die der Spiegel am 23. Mai ausführlich berichtete. Tagelang war ihr Schiff orientierungslos auf dem Meer getrieben, fast alle der 72 Passagiere starben. Den Berichten der wenigen Überlebenden zufolge hatten sich ein Militär-Hubschrauber und ein Flugzeugträger dem Schiff genähert, ohne den Flüchtlingen zu helfen.

Mittlerweile ist die Verzweiflung der Menschen in Choucha so groß, dass viele von ihnen auf dem Weg nach Libyen sind – mitten hinein ins Kriegsgebiet. Von dort wollen sie mit maroden, überfüllten Booten die Überfahrt nach Europa wagen. Seit Ende März 2011 sind dabei bereits über 1000 Menschen gestorben.

Deshalb appelliert PRO ASYL an Bundesinnenminister Friedrich: Verhindern sie neue tödliche Tragödien auf dem Mittelmeer. Evakuieren sie die Flüchtlinge aus Choucha.

Weitere Informationen von Europe-Afrique-Interact:

http://afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=465&clang=0

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