Samstag 7. Mai 2011, 15.00 Uhr
Freiburg, Platz der alten Synagoge
Die Demonstration wurde von der kurdisch syrischen Partei (PYD), der arabischen und kurdischen Gemeinde angemeldet. Aktion Bleiberecht Freiburg unterstützt die Demonstration und ruft zur Teilnahme am kommenden Samstag auf!
Demonstriert wird gegen die brutale Verfolgung der Opposition durch das syrische Regime. Mehrere hundert Menschen wurden in den vergangenen Wochen getötet. Tausende wurden verschleppt und verhaftet. In Syrien wurden am Montag dem 02.Mai allein landesweit mindestens 500 Regierungskritiker_innen festgenommen. Zu den Festgenommenen sollen auch die renommierte Regierungskritikerin Diana Dschawabra und der Schriftsteller Omar Chusch gehören. Geheimpolizei und Spezialeinheiten des Militärs haben männliche Personen ab 15 Jahre in der Region Daara verschleppt.
Die Unruhen in Nordafrika und dem Nahen-Osten zielen langfristig auf gerechte und würdige Lebensverhältnisse. Es sind die Ärmsten, die die Revolte (Tunesien) auf dem Land begonnen haben. Auch das von Ungleichheit und Abhängigkeit geprägte Verhältnis zu Europa und Nordamerika wird in Frage gestellt. Hunderttausende von Illegalisierten aus den arabischen Ländern fristen auf den südeuropäischen Obst- und Gemüseplantagen ein Zwischen-Leben im Elend, bevor sie den Sprung in die europäischen Großstädte schaffen.
Die EU hat mit allen arabischen Staaten Verträge zur „Flüchtlingsabwehr“ abgeschlossen. In den arabischen Ländern kam es zu Strafverfolgungen und zur Verhängung von Gefängnisstrafen für all diejenigen, die clandestine Migration unterstützten. Menschenrechtsverletzungen waren alltäglich.
Seit 2009 gibt es ein deutsch-syrisches Abkommen über die (zwangsweise) „Rückführung“ von Flüchtlingen nach Syrien. Zwischen Januar und März 2011 wurden 19 syrische Staatsangehörige aus Deutschland abgeschoben. Fast alle wurden nach ihrer Ankunft in Damaskus verhaftet. Am 31. März 2011 konnte in München die Abschiebung von Mho Bahram verhindert werden. Ebenfalls konnte am 1. April eine Abschiebung gestoppt werden. Langfristig sollen 7.000 Flüchtlinge nach Syrien abgeschoben werden. Jetzt vermeldet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, „vor dem Hintergrund der aktuellen Lageentwicklung“ sehe man vorläufig davon ab, „Asylentscheidungen zum Herkunftsland Syrien zu treffen“. D.h. die Abschiebungen werden nur verschoben und die Menschen müssen noch länger in einem rechtlosen Aufenthaltsstatus, der Duldung leben.
Die Menschen die heute, auch in Syrien, auf die Straßen gehen, rufen: „Wir haben keine Angst mehr!“. Die Zersetzung der herrschenden Gesellschaftsordnung, auch in Syrien, hat begonnen.
Wir fordern:
Die sofortige Rücknahme des Rückübernahmeabkommens mit Syrien, ein bedingungsloses Bleiberecht für alle Abschiebebedrohte!
Keine wirtschaftliche, politische und kulturelle Zusammenarbeit mit dem syrischen Regime!
Keine Informationsweitergabe über Flüchtlinge an das syrische Regime durch das Bundesamt!
Keine Ausrüstung der syrischen Polizei und der Geheimdienste mit deutscher Logistik und Technik!
Unterstützung der Opposition im Exil und in Syrien!
Wichtige Fragen stellen sich aktuell:
Werden die arabischen Länder je wieder ein Polizei-Hinterhof werden – mit verlängerten Werkbänken, MigrantInnen-Rückübernahmeabkommen und Petrodollartransfers auf westliche Banken? Oder ist es eine Frage der Zeit, bis sich die hochgerüstete Armada der Industriestaaten in einen cordon sanitaire1 im Mittelmeer verwandelt – gegen die aufständischen Armen, gegen die Revolution im nachbarlichen Süden? War der jahrelange Frontex-Einsatz gegen die Bootsflüchtlinge nur ein Vorspiel?2
1 „Cordon sanitaire“ war ursprünglich die Bezeichnung für das Isolationsgebiet zur Eindämmung von Seuchen
2 Interessante Fragen die Helmut Dietrich in seinem Kommentar „Die tunesische Revolte als Fanal“ stellte.