01.03.2011 / HAZ Seite 5 Ressort: NIEDERSACHSEN
Hannover. Abschiebungen am frühen Morgen ohne Vorankündigungen,
das Auseinanderreißen von Familien – für den früheren Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, sind dies unerträgliche Zustände. Die Umstände der vor vier Wochen vollstreckten Abschiebung der kurdisch-jesidischen Familie Naso im Landkreis Hildesheim haben den Verfassungsrechtler nach eigenen Worten besonders empört. In einem Brief fordert Mahrenholz jetzt Landtagspräsident Hermann Dinkla (CDU) auf, sich des Themas Abschiebung anzunehmen. Die Art und Weise, wie hier gehandelt werde, berühre „das Ansehen des Landes“, schreibt Mahrenholz.
Im Fall der Familie Naso waren der 62-jährige Vater sowie ein 16-jähriger Sohn nach Syrien abgeschoben worden, wo sie derzeit nach Auskunft des Flüchtlingsrates inhaftiert sind. Die Mutter und eine 18-jährige Tochter blieben im Kreis Hildesheim. Der Sohn war auch aufgrund schlechter Schulnoten abgeschoben worden – für Mahrenholz ein unerhörter Vorgang. Er schreibt an den Landtagspräsidenten, die Abschiebungen verletzten sowohl in der Sache wie in der Form die Würde des Menschen. „Sie haben entgegen dem strikten Verfassungsgebot, dass Familie unter staatlichem Schutz steht, Familien auseinandergerissen, und sie geschahen ohne die hinreichende Vergewisserung, dass der Staat, in den abgeschoben wird, die Personen nicht inhaftiert oder hilflos lässt.“
Der Landtagspräsident sollte „als herausragender Vertreter des Volkes“ sich der Sache annehmen und einen runden Tisch einrichten, schlägt Mahrenholz vor. Dieser könnte Richtlinien entwerfen. Landtagspräsident Dinkla ließ gestern erklären, bevor er hierzu Entscheidungen treffe, wolle er mit dem Innenministerium und anderen über den Vorschlag reden.
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