Direkter Link zur online-Faxaktion: www.Connection-eV.de/aktion-tuerkei.php
Bitte um Protest- und Unterstützungsschreiben
(17.02.2011) Der kurdisch-türkische Kriegsdienstverweigerer Inan Süver ist seit dem 5. August 2010 inhaftiert. Mehrmals protestierte er mit Hungerstreiks gegen unmenschliche Haftbedingungen. Am 7. März 2011 droht ihm nun in einem Militärstrafverfahren zum vierten Mal eine Verurteilung wegen Desertion. Aus diesem Anlass startet Connection e.V. eine online-Faxaktion. Beteiligen Sie sich und protestieren Sie mit uns beim Generalstab des türkischen Militär.
Zur Geschichte von Inan Süver
Inan Süver war 2001 zum Militärdienst einberufen worden. Wegen mehrmaliger Desertion wurde er in drei Verfahren zu insgesamt 25 Monaten Haft verurteilt. Sieben Monate verbüßte er bereits vor mehreren Jahren. Nach seiner vorläufigen Entlassung tauchte er unter.
Als Inan Süver desertierte, wusste er nichts von der Idee der Kriegsdienstverweigerung. Später erfuhr er davon und erklärte am 10. Oktober 2009: „Sehr geehrte Kommandanten, ich will Ihnen heute etwas mitteilen. Ich habe gehört, dass es so etwas wie ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gibt. Ich mache von meinem Recht auf Kriegsdienstverweigerung Gebrauch. Sie sollen wissen, dass ich ein Feind des Staates bin, aber ich werde gegen Sie niemals eine Waffe in die Hand nehmen. Ich will lieber getötet werden, als selber zu töten.“
Am 5. August 2010 versuchte Inan Süver in Bakirköy, einem Stadtteil von Istanbul, Identitätspapiere zu beantragen. Bei der Prüfung seiner Identität wurde festgestellt, dass er als Deserteur gesucht wird. Er wurde daraufhin erneut verhaftet.
Inan Süver ist aufgrund der unmenschlichen Behandlung sowohl im Militär- als auch im Zivilgefängnis zwischen dem 9. August und 31. Oktober mehrmals in Hungerstreik getreten. Er war zuletzt auf Befehl des Leiters des Buca Zivilgefängnisses mit den Worten “Werft diesen Landesverräter in die 17” in eine Zelle gesperrt worden, die unter dem Namen Sibirien bekannt ist. Das schilderte er in einem Brief an seine Familie und ergänzte, dass es in der Zelle Ratten gab und er kein Wasser, Zucker und Zigaretten erhielt. Nach einer Verbesserung der Situation beendete er den Hungerstreik neun Tage später. Anfang Januar wurde er in das Bezirksgefängnis Gediz in Kütahya verlegt.
Am 26. November 2010 wurde Inan Süver in ein Militärkrankenhaus zur Überprüfung seiner Tauglichkeit überstellt. Er wurde rückwirkend ab 2008 für untauglich erklärt.
Mit den bisherigen Haftstrafen von 25 Monaten ist eine vorzeitige Entlassung von Inan Süver zum 6. Juni 2011 zu erwarten. Aber gegen ihn sind weitere Militärstrafverfahren anhängig: Wegen Desertion im Jahre 2007, und wegen seiner Weigerung, nach der Verhaftung im August 2010 eine Uniform anzuziehen.
Zum Hintergrund
Die Türkei erkennt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an. Jeder türkische Mann ist mit 20 Jahren zur Ableistung des Militärdienstes verpflichtet. Kriegsdienstverweigerer, die aufgrund ihrer Entscheidung die Uniform oder Befehle verweigern, werden wegen Befehlsverweigerung angeklagt und nach Verbüßung der Haftstrafe erneut einberufen. Dieser Teufelskreis kann ein Leben lang fortbestehen, da die Wehrpflicht in der Türkei erst nach Ableistung des Militärdienstes als erfüllt gilt.
Die Türkei hat eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2006 bislang nicht umgesetzt. In dem Richterspruch wird das Land zu einer Gesetzeskorrektur aufgefordert, um die wiederholte Strafverfolgung von Kriegsdienstverweigerern und die mehrfache Verhängung von Schuldsprüchen zukünftig zu verhindern. Ein solches Vorgehen befand das Gericht als unvereinbar mit dem in Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Verbot unmenschlicher Behandlung.
Connection e.V. fordert die Einstellung aller Verfahren gegen Inan Süver und seine sofortige Entlassung aus der Haft. Connection e.V. fordert die Türkei zugleich auf, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen und alle Strafverfahren gegen Kriegsdienstverweigerer einzustellen.
Connection e.V. bittet um Unterstützung
Protestieren Sie gegen die Behandlung von Inan Süver beim türkischen Generalstab und fordern Sie mit uns die Einstellung aller Verfahren und sofortige Haftentlassung. Wir haben dafür eine online-Faxaktion gestartet. Es ist auch möglich, ein Fax direkt an den türkischen Generalstab zu senden unter 0090-312-4250813 (Genelkurmay Başkanlığı, BES Ş.Md.lüğü, 06100 Bakanlıklar/ANKARA).
Schreiben Sie Inan Süver. Jeder Brief ist eine wichtige Unterstützung in der Haft. Auch Briefe können Sie über unsere online-Aktion an Inan Süver senden. Wir leiten diese für Sie weiter. Briefe können auch gerichtet werden an: Inan Süver, Gediz Kapali Cezaevi, Kütahya/Türkei
gez. Rudi Friedrich