Erneut Abschiebungen von Menschen aus der Gruppe von 72 afghanischen Flüchtlingen aus Ungarn geplant!
Bitte verbreiten Sie / verbreitet das folgende Mail und beteiligen Sie sich / beteiligt Euch ander Protestaktion gegen die drohenden Abschiebungen!
Protestfax Garhöfer Protestfax Nees
Wie bereits berichtet musste diesen Sommer eine Gruppe von 72 afghanischen Flüchtlingen aus Ungarn zu uns weiterflüchten. Jetzt sollen erneut mehrere Familien und Einzelpersonen dieser Gruppe abgeschoben werden, die ersten bereits am Dienstag den 7.1.2014. Darunter ist u.A. eine alleinstehende, psychisch kranke Frau mit ihren drei Kindern. Alle sollen abgeschoben werden, obwohl noch im November 2013 vom Innenministerium des Landes Baden-Württemberg und der zuständigen Abteilung im Regierungspräsidium Karlsruhe ein genereller Abschiebestopp für alle Menschen aus der Gruppe zugesichert worden war. Um die Abschiebungen noch zu verhindern brauchen wir Ihre / Eure sofortige Mithilfe.
So kurzfristig gibt es wenig Möglichkeiten die Abschiebungen allein auf juristischem Weg zu verhindern. Stattdessen können wir versuchen, öffentlichen Druck auf die zuständige Stelle im Regierungspräsidium Karlsruhe aufzubauen. Bitte helft mit!
Ruft den Leiter der zuständigen Abteilung im Regierungspräsidium Karlsruhe und seine Stellvertreterin (s.u.) an und protestiert gegen die geplanten Abschiebungen!
Manfred Garhöfer, Abteilungspräsident
Regierungspräsidium Karlsruhe, Abteilung 8
Telefon: 0721 926-7000
Jutta Nees, Abteilungsdirektorin
Regierungspräsidium Karlsruhe, Abteilung 8
Telefon: 0721 926-7018
Sendet Faxe an die beiden!
Vorlagen dazu findet ihr oben
Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge
Fax: 0721 93340284
der Fax-Text:
Hiermit protestiere ich gegen die geplante Abschiebung von verschiedenen Einzelpersonen und Familien aus der Gruppe von 72 afghanischen Flüchtlingen, die im Juni diesen Jahres aus Ungarn zu uns gekommen waren und hier Asyl beantragt hatten. Ich protestiere gerade auch deshalb gegen diese Abschiebungen, weil Sie und Ihre Behörde im November 2013 für diese Menschen einen Abschiebestopp veranlasst hatten.
Schon einmal im November 2013 sollten Menschen aus der Gruppe abgeschoben werden – ohne jede Ankündigung, quasi in einer Nacht- und Nebel-Aktion. Nachdem damals die geplanten Abschiebungen bekannt geworden waren, hatte es massive Proteste von Einzelpersonen, Gruppen und auch aus der Politik gegeben. Eine der zuständigen AnwältInnen nahm telefonisch Kontakt mit Ihrer Behörde auf und äusserte, dass ggf. eine Verfassungsbeschwerde geprüft werden müsse. In der Folge stoppten Sie und Ihre Behörde die geplanten Abschiebungen und sicherten zumindest den Menschen aus der Gruppe von 72 afghanischen Flüchtlingen einen generellen Abschiebestopp zu. Als Begründung hierfür nannte Ihre Behörde eine zu erwartende Verfassungsbeschwerde.
Um eine Verfassungsbeschwerde stellen zu können, muss das juristische Verfahren eigentlich bereits abgeschlossen sein. In allen juristischen Verfahren der genannten Gruppe haben jedoch bis heute die Hauptverhandlungen gegen die Ausweisungen nicht einmal begonnen. Doch auch unter diesen Umständen ist es ggf. möglich eine Verfassungsbeschwerde einzureichen – allerdings nur unter ganz bestimmten, komplexen Voraussetzungen. Diese müssen natürlich ersteinmal sehr genau geprüft werden, damit die Verfassungsbeschwerde nicht allein schon auf Grund von formalen Fehlern abgelehnt werden kann.
Nicht nur, dass Sie nicht ausreichend Zeit für das Erstellen der Verfassungsbeschwerde eingeräumt haben. Sie und Ihre Behörde hat es ausserdem versäumt, die Rücknahme des Abschiebestopps anzukündigen, geschweige denn vorher im Gespräch mit der zuständigen Anwältin den Stand der Verfassungsbeschwerde abzuklären.
Und nun sollen die Menschen zu einer Zeit abgeschoben werden, in der wegen der vielen Feiertage anwaltliche Hilfe für die Betroffenen kaum möglich ist. Noch dazu mitten im Winter, während z.B. Angehörige der Roma ganz offiziell durch einen Abschiebestopp des Landes Baden-Württemberg bis zum 1. März vor Abschiebung geschützt werden.
Keine Abschiebung von Menschen aus der Gruppe von 72 afghanischen Flüchtlingen, zumindest bis zum Ende der juristischen Auseinandersetzung (Klage gegen die Ablehnung des Asylantrags).
Keine Abschiebungen mitten im Winter.
Im Grunde geht es aber um mehr, nämlich darum, letztendlich willkürliche Abschiebungen zu verhindern: Seit Sommer 2013 laufen Klagen und Eilanträge gegen die hier behandelten Abschiebungen, wobei mit den Eilanträge bis zur Entscheidung über die Klage aufschiebende Wirkung erlangt werden soll. Von den Eilanträgen sind inzwischen fast alle entschieden worden – einige positiv und manche negativ.
Neue Berichte aus Ungarn, z.B. der ganz aktuell Mitte Oktober 2013 von bordermonitoring.eu veröffentlichte Bericht, belegen, dass sich die ohnehin schon schlechte Situation und die menschenunwürdigen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Ungarn in der Praxis der letzten Monate und Jahre tatsächlich weiter verschlechtert haben.
Obwohl inzwischen immer mehr Verwaltungsgerichte in Deutschland den Eilanträgen gegen drohende Abschiebungen nach Ungarn aufgrund der bestehenden Situation stattgegeben haben, gibt es, wie im vorliegenden Fall, immer noch Gerichte, die die neuesten Berichte über die Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Ungarn in ihren ablehnenden Beschlüssen offensichtlich gar nicht berücksichtigt haben. Es darf doch nicht sein, dass verschiedene Gerichte über den gleichen Sachverhalt völlig unterschiedlich entscheiden. Teilweise gibt es sogar im gleichen Verwaltungsgericht unterschiedliche Beschlüsse, je nach dem welche Kammer dort zuständig ist – ein reines Glückspiel für die Betroffenen. Solche offensichtlich willkürlichen Entscheidungen sind nicht hinnehmbar.
Elementare Menschenrechte dürfen nicht von Zufälligkeiten abhängig sein.
Stattdessen sollte es eine politische Lösung geben, nämlich Bleiberecht für Alle aus der Gruppe.
Zumindest sollte bis zum Ende der juristischen Auseinandersetzungen (Klage gegen die Ablehnung des Asylantrags) von Abschiebungen Abstand genommen werden.
Im Zweifel für die Menschenrechte und das Grundrecht auf Asyl.
Zur Vorgeschichte:
In Ungarn hatten alle aus der Gruppe zwar unterschiedliche Aufenthaltsrechte erhalten. Allerdings werden Flüchtlinge in Ungarn maximal 12 Monate in Lagern untergebracht und danach einfach auf die Strasse gesetzt – ohne jede finanzielle oder soziale Unterstützung, ohne realistische Chance auf Arbeit oder Wohnraum und ohne Zugang zu medizinischer Versorgung. Da in Ungarn Obdachlosigkeit strafbar ist, führt dies zusätzlich zur Kriminalisierung der Flüchtlinge.
Um sich gegen diese unmenschlichen Bedingungen zu wehren, hatten sich die 72 Menschen bereits in Ungarn zu einer Gruppe zusammengefunden und, neben anderen Initiativen, mit Unterstützung des UNHCR (Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen) Gespräche mit den zuständigen Stellen vor Ort geführt – leider ohne Erfolg. Letztlich sah die Gruppe keinen anderen Ausweg, als weiter nach Deutschland zu flüchten und hier Asyl zu bantragen. Die BRD fühlt sich jedoch unter Verweis auf das EU-Flüchtlingsrecht (Dublin II) nicht zuständig, lehnte die Asyl-Anträge ab und will die Flüchtlinge nach Ungarn abschieben. Allerdings sind die „Dublin II“-Voraussetzungen, nämlich ein menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen in Ungarn, wie auch in Griechenland, Polen oder Italien in vielen Fällen nicht gewährleistet, was inzwischen auch immer mehr Gerichte feststellen und regelmäßig auch in den Medienberichten zum Ausdruck kommt.