Flüchtlingsrat fordert Untersuchung der Umstände, die zum Suizid von Djamaa Isu führten
Am Dienstag, den 28. Mai 2013, nahm sich Djamaa Isu in der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt das Leben.
Wir wissen wenig über ihn und sein Leben: Er kam aus dem Tschad, war über Italien eingereist und seit dem 22. März 2013 in der Erstaufnahmeeinrichtung Brandenburgs. Von Karlsruhe war er nach Eisenhüttenstadt geschickt worden und auf seinem Weg dorthin in Dresden Opfer eines Überfalls, vermutlich von Rechtsradikalen, geworden. So hatte er berichtet. Von der unabhängigen Beratungsstelle vor Ort und von seinen Freunden haben wir erfahren, dass er offensichtlich große psychische Probleme hatte. Seine Freunde berichten, er sei kaum noch aus seinem Zimmer gekommen. Sie machen eine drohende Überführung nach Italien für seinen Tod verantwortlich. Er habe einen Brief bekommen, dass er Deutschland wieder verlassen soll und habe angekündigt, sich selbst zu töten, als die Abschiebung fest stand.
Djamaa Isus Tod bestürzt uns und wirft viele Fragen auf:
- Wie konnte es geschehen, dass weder dem Betreuungs- noch dem medizinischen Personal auffiel, in welcher Verfassung er ist?
Wie konnte es geschehen, dass ihm keine entsprechende therapeutische Unterstützung angeboten wurde?
Wenn er tatsächlich seine Selbsttötung angekündigt hatte, warum konnten seine Freunde dies niemandem in der Erstaufnahmeeinrichtung anvertrauen und sie so möglicherweise verhindern?
- Wir fordern deshalb eine Untersuchung der Umstände, die zum Suizid von Djamaa Isu führten. Eine Untersuchung, unter Beteiligung einer unabhängigen und fachkundigen Organisation, die diesen Fragen nachgeht und mögliche Konsequenzen einleitet.
- Wir sorgen uns auch um Djamaa Isus Familie, um seine Freunde und sein Umfeld in der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt:
- Ist es gewährleistet, dass die Angehörigen im Heimatland in würdiger Form informiert werden?
- Gewährleisten die Verantwortlichen die psychologische und/oder seelsorgerische Begleitung der anderen Asylsuchenden in der Erstaufnahme, insbesondere der Zimmernachbarn und Freunde von Diamaa Isu?
- Werden sie angemessen dabei unterstützt, eine Trauerfeier zu gestalten?
Wir fordern die Verantwortlichen deshalb auf, transparent zu machen, welche Schritte sie unternehmen, um alle Asylsuchenden in der Erstaufnahme zu informieren und in ihrer Trauer zu begleiten.
Djamaas Isus Tod macht uns betroffen und zornig: Gemeinsam mit dem Brandenburger Netzwerk KFB (Netzwerk für die Erfassung und Versorgung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge) haben wir das Innenministerium mehrfach auf die mangelhafte medizinische und psychologische Versorgung in Eisenhüttenstadt aufmerksam gemacht – ohne dass sich Wesentliches verändert hätte. Seit langem fordern wir eine unabhängige Stelle, die bei allen Asylsuchenden zu Beginn ihres Aufenthalts feststellt, welcher individuelle Bedarf an psychotherapeutischer und psychosozialer Versorgung besteht.
Wir fordern die Landesregierung deshalb erneut auf, unter Einbeziehung von psychiatrischem und psychologischem Fachpersonal eine geeignete Stelle zur Erstdiagnostik einzurichten.