Jalloh-Prozess: Befangenheitsantrag abgelehnt
Der Befangenheitsantrag der Nebenklage im Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle ist abgelehnt worden. Der Prozess könne damit wie geplant am Dienstag fortgesetzt werden, teilte das Landgericht Magdeburg am Montag mit. Nebenkläger hatten Befangenheitsantrag eingereicht Ein Foto und Blumen liegen zum Gedenken an Oury Jalloh am Donnerstag(07.01.2010) vor einer Polizeistation in Dessau-Roßlau. Im Januar 2005 war der Asylbewerber Oury Jalloh in einer Dessauer
Polizeizelle ums Leben gekommen. Die Nebenklage hatte den Befangenheitsantrag gegen die drei Berufsrichter und zwei Schöffen gestellt, nachdem die Kammer angeregt hatte, das Verfahren gegen den angeklagten Polizisten gegen eine Geldauflage einzustellen. Drei andere Berufsrichter des Landgerichts lehnten diesen Antrag nun ab. Die angeregte Einstellung des Verfahrens war zuvor bereits gescheitert, weil die Anklageseite ihr nicht zugestimmt hatte.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem angeklagten Polizisten Körperverletzung mit Todesfolge vor. Er soll dem Asylbewerber aus Sierra Leone bei einem Brand am 7. Januar 2005 in der Arrestzelle des Dessauer Polizeireviers nicht rechtzeitig geholfen haben. Jalloh war an Armen und Beinen gefesselt worden, er wehrte sich heftig. Eine Blutuntersuchung ergab einen Alkoholwert von fast drei Promille.
Jalloh soll den Brand nach bisherigen Erkenntnissen mit einem Feuerzeug selbst ausgelöst haben. Warum der Verhaftete ein Feuerzeug bei sich hatte, obwohl er von den Polizisten durchsucht worden war, ist bis heute ungeklärt.
Polizist saß schon einmal auf der Anklagebank
Der angeklagte Polizist mit seinem Anwalt Der angeklagte Polizeibeamte saß bereits zwischen März 2007 und Dezember 2008 wegen Körperverletzung mit Todesfolge an 60 Verhandlungstagen auf der Anklagebank am Landgericht Dessau. Er wurde freigesprochen, eine Mitschuld am Tod des Afrikaners konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch auf, der Prozess musste deshalb in Magdeburg neu aufgerollt werden. Menschenrechtsaktivisten hatten kritisiert, dass die als Zeugen gehörten Polizisten eine Mauer des Schweigens errichtet hätten.
Aufgeheizte Stimmung seit Januar
Bei einer Gedenkdemonstration zum siebten Todestag von Jalloh war es im Januar in Dessau zu Rangeleien mit Polizeibeamten gekommen. Grund war ein Plakat mit dem Schriftzug „Oury Jalloh, das war Mord“, das von den Beamten beschlagnahmt wurde. Später wurden Vorwürfe laut, dass die Polizisten überhart gegen die Demonstranten vorgegangen sein sollen. Augenzeugen zufolge gab es zwei Verletzte. Die Stimmung in der Stadt ist seither aufgeladen. Es gab einen Brandanschlag auf das Polizeirevier, in dem Jalloh starb, und Anfang Februar besetzten 30 Demonstranten vorübergehend das Dessauer Rathaus.
Zuletzt aktualisiert: 12. März 2012, 16:50 Uhr
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