Trauer und Entsetzen über das Massaker an der irakischen Grenze

Stellungnahme der AABF/AABK zum Massaker in Uludere.  Die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF) verurteilt aufs Schärfste die jüngsten Luftangriffe der türkischen Armee im türkisch-irakischen Grenzgebiet, bei der mindestens 35 kurdische Zivilisten getötet wurden. Die Getöteten waren Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 15 und 20 Jahre. Sie sind Opfer eines Angriffs der türkischen Luftwaffe mit F-16-Kampfflugzeugen in der Nacht zum Donnerstag, weil die türkische Armee sie für Guerillakämpfer der PKK gehalten hat.

Unsere tiefe Anteilnahme gilt den Angehörigen und Hinterbliebenen der vielen Todesopfer und Verletzten. Wir fordern den türkischen Staat auf, mit allen rechtsstaatlichen Mitteln die verantwortlichen Befehlshaber dieses furchtbaren Verbrechens zu verfolgen und durch eine sofortige militärische Deeskalation in den betroffenen Regionen die Zivilbevölkerung vor weiteren tödlichen Angriffen zu schützen.

Die Intensität der militärischen Operationen gegen die PKK und ihren grenzüberschreitenden Stellungen verschärfen in einer noch nie dagewesenen Form die politischen Spannungen im Lande. In einer Zeit, in der in der Türkei die sog. Kurdenfrage im Kontext der Verfassungsreform erneut auf der politischen Bühne debattiert wird.

Nun stehen wieder einmal Menschen kurdischer Abstammung unter Generalverdacht; ihnen wird sowohl in der Türkei als auch in Deutschland eine zumindest organische Verbindung mit der PKK vorgeworfen. Insbesondere türkische Medien tun ihr übriges dazu, um die aufgeheizte Stimmung zur Kriminalisierung von Kurden zu missbrauchen.

Die Alevitische Gemeinde Deutschland fordert den türkischen Staat auf, dieses Verbrechen vollumfänglich aufzuklären und alle militärischen Aktionen in den Grenzgebieten sofort zu stoppen.

Pressemitteilung der AABK zu dem Massaker in Şırnak/Uludere

Das Massaker in Uludere war eine Aktion gegen den Frieden

Am 28. Dezember 2011 wurde in dem Dorf Ortasu, der Kreisstadt Uludere, die zur Provinz Şırnak gehört, ein Massaker an 35 Dorfbewohnern verübt, das jeden gewissenhaften Menschen tief erschüttert haben dürfte.

Wir sind Zeuge einer beispiellosen Gewalt der AKP-Regierung und ihrer Politik. Vor dem Hintergrund, dass der Innenminister der Türkei, İdris Naim Şahin, zuvor große Teile der Gesellschaft, darunter Intellektuelle und Künstler, als „potentielle Terroristen“ einstufte und wir nun mit einem Massaker dieses Ausmaßes konfrontiert werden, verwundert uns diese kritische Entwicklung in der Türkei nicht.

Infolge dieser Politik wird die zivile kurdische Bevölkerung zur Zielscheibe von Kampfjets, Bombern und kriegerischen Aktivitäten. Anstatt angesichts dieser willkürlichen Gräueltaten den längst hinfälligen Rücktritt zu erklären, versucht die AKP dieses Massaker herabzustufen und als Kollateralschaden abzustempeln. Es ist unbestritten, dass dieses Massaker, aus welchem Grund auch immer, durch die türkischen Streitkräfte durchgeführt wurde.

Umso verwunderlicher ist es, dass die Regierung als auch die Medien im Hinblick auf diesen Vorgang mundtot zu sein scheinen. Die Vertuschung und Zensierung dieser schwerwiegenden Angelegenheit seitens der AKP-Regierung und dem türkischen Militär sowie jeglicher Versuch einer Rechtfertigung dieses Massakers werden niemals akzeptiert werden. Das Schweigen und die mehr als deutliche Zensur der türkischen Medien verdeutlichen in diesem Zusammenhang, in welchem dramatischen Zustand der Angst sich dieses Land tatsächlich befindet.

Die AKP-Regierung führt ihren Konfrontationskurs mit vielen Teilen der Gesellschaft fort. Die inszenierte „Demokratische Öffnung“ führte letztendlich zum Massaker von Uludere. Der strikt ideologische Lösungsansatz der AKP in der Kurdenfrage setzt den rigorosen Einsatz von Gewalt voraus, infolgedessen führt die kompromisslose Ausübung dieser Ideologie zu einer hohen Anzahl von zivilen Opfern.

Um den Frieden und die Versöhnung voranzutreiben, steht die AKP unter der Pflicht das Massaker von Uludere lückenlos aufzudecken.

Wir verurteilen als alevitische Gemeinschaft in Europa dieses Massaker auf das Schärfste. Als AABK fordern wir, dass die immer häufiger auf Konfrontation und Gewalt ausgelegte Politik der AKP-Regierung sofort ein Ende findet und durch eine glaubwürdige Friedenspolitik abgelöst wird. Des Weiteren müssen alle Drahtzieher und Attentäter dieses Massakers enttarnt und zur Verantwortung gezogen werden.

Für eine demokratische und friedvolle Türkei ist es hinsichtlich der Kurdenfrage unerlässlich, dass die Regierung eine gewaltfreie Politik verinnerlicht und zur Schaffung des Friedens zeitnah umsetzt.

Turgut ÖKER
AABK Vorsitzender

Köln, 29. Dezember 2011

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