Etwa 1200 Menschen demonstrierten am Samstag, dem 6. Dezember 2014, in Freiburg gegen Abschiebungen und Asylrechtsverschärfungen. Konkreter Anlass war u.a. die bevorstehende Sammelabschiebung am 9. Dezember nach Serbien und Mazedonien. Auch einer in Freiburg lebenden Familie mit drei Kindern war die Abschiebung angekündigt worden. Alle drei Kinder sind hier geboren.
Das Ordnungsamt hatte die beantragte Route durch die Innenstadt im Vorfeld zwar untersagt, das Verwaltungsgericht stellte jedoch die Versammlungsfreiheit klar über „Umsatzinteressen des Einzelhandels“ und bestätigte die angemeldete Route.
Der Demonstrationszug wurde von Roma-Frauen angeführt, die ein Transparent mit der Aufschrift „Zusammen leben“ trugen. Auch viele weitere von Abschiebungen Bedrohte nahmen an der Demonstration teil und meldeten sich in mehreren Redebeiträgen zu Wort, in denen unter anderem die beängstigende Praxis unangekündigter, nächtlicher Abschiebungen angeklagt wurde. Die Lebenssituation von Angehörigen der Roma-Minderheit in Serbien sei unerträglich. Dies wurde in einer Rede des Freiburger Forums aktiv gegen Ausgrenzung untermauert. Kürzlich habe die staatliche serbische Minderheitenbeauftragte bestätigt, dass die Diskriminierung von Roma in allen Lebensbereichen in den letzten Jahren unverändert stark geblieben geblieben sei. Die Bezeichnung der Roma als Armutsflüchtlinge gehe völlig an der Realität vorbei. Eine Sprecherin der Anwältinnen ohne Grenzen entlarvte die Definition von „sicheren Herkunftsstaaten“ als unsinnig.
Für Aktion Bleiberecht sprach ein Aktivist, der selbst akut von Abschiebung bedroht ist. Er mahnte an, dass die politische Verfolgung in seinem Herkunftsland als Fluchtgrund wahrgenommen werden müsse: „Länder wie Deutschland müssen die sozialpolitische Realität in Togo endlich anerkennen“. Eine weitere Rede von Aktion Bleiberecht bezog sich auf die anstehende Debatte des Gemeinderats am 9. Dezember über eine „Landeserstaufnahmestelle“ (LEA) in Freiburg. Solche Flüchtlingsaufnahmezentren seien – ausgehend von Baden-Württemberg – als bundesweites Abschreckungsinstrument konzipiert worden. Zudem drücke sich die Stadt Freiburg damit vor ihrer Verantwortung, Flüchtlinge dauerhaft unterzubringen. Ein Redebeitrag der Initiative Medinetz befasste sich mit der Novellierung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das noch immer eine diskriminierende Minimalmedizin für Flüchtlinge vorsieht.
Die jüngste Bestätigung des Asylbewerberleistungsgesetzes reiht sich in eine ganze Serie massiver Asylrechtsverschärfungen ein: Nach der Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ im September hat das Bundeskabinett am 3. Dezember einen Entwurf für ein geändertes Aufenthaltsrecht verabschiedet, das die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl als eine „perfide Gesetzesverschärfung“ (Pro Asyl) bezeichnet. Demnach sollen Behörden künftig Aufenthaltsverbote, Einreisesperren und Abschiebehaft aus einer Vielzahl geringfügiger Gründe veranlassen können. „Die im selben Gesetz vorgesehene neue Bleiberechtsregelung wird damit völlig konterkariert“, so das Freiburger Forum.
Die Kritik an dieser menschenverachtenden Gesetzgebung und die Forderung nach einem Bleiberecht für alle Geflüchteten sowie einem sofortigen Winterabschiebestopp wurden von zahlreichen Gruppen unterstützt.
Bedauerlicherweise kam es am Rande der Demonstration zu drei teils äußerst gewaltsamen Festnahmen im Kontext von Auseinandersetzungen um die Präsenz von Zivilpolizisten, die sich im Übrigen nicht wie vorgeschrieben bei der Versammlungsleitung gemeldet hatten. Am Platz der Alten Synagoge klang die Demonstration aus und die Teilnehmenden konnten sich mit Essen und heißen Getränken aufwärmen.
Der Kampf gegen Abschiebungen ist damit jedoch nicht beendet: Gegen die Sammelabschiebung nach Serbien und Mazedonien sind am Baden-Airpark bei Karlsruhe für Dienstag, den 9. Dezember, ab 7 Uhr Protestaktionen angemeldet. Ab 18 Uhr wird in der Karlsruher Innenstadt eine Demonstration stattfinden. Bereits für Montag ruft das Freiburger Forum alle dazu auf, bei verantwortlichen Stellen in Politik und Behörden gegen die Abschiebungen zu protestieren.
Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung (07.12.2014)
Aufruf mit Liste der unterstützenden Organisationen
Aufruf zum Protest bei Politik und Behörden
Presse:
- Democollage von Samstag 6.12.14 “ Für einen sofortigen Winterabschiebestopp! „
- Etwa 1200 Menschen demonstrieren in Freiburg für sofortigen Abschiebestopp
- Brutale Festnahmen am Rande der AntiAbschiebedemo
- Asylrechtsverschärfungen Demo gegen Abschiebung in Freiburg
- 1000 Demonstranten gegen Abschiebungen